Neulich lag ich im Bett und habe mich gefragt, warum ich eigentlich hier bin. Was für einen Sinn das Ganze hat… Da sind so viele Verpflichtungen, so viele Aufträge, Alltägliches, was unsere Herzen überdeckt, unsere innere Stimme stumm schaltet, unsere Zeit bestimmt und worum es eigentlich gar nicht geht. Ich spürte, dass es nicht ums Funktionieren geht, nicht um den Job, das Geld, die Probleme, den Haushalt, die richtige Ernährung – all das erschien mir als diffuse Symptome, welche sich in Probleme verwandeln können, wenn wir ganz woanders nicht hinhören. Aber wo ist das, worum es wirklich geht…? Warum ist das so weit weg, so tief vergraben und damit manchmal bis immer so unerreichbar? Dann fällst du ins Bett, hast zwar viel erledigt, fühlst dich aber traurig oder ausgelaugt, statt stolz auf dich, all das geschafft zu haben. Vielleicht willst du sogar ein neues Leben, weißt aber nicht, wie das gehen soll… an welchem Ende des Regenbogens der Schatz namens Glück zu finden ist, oder ob uns da nur wieder jemand Blödsinn erzählt hat, damit wir weiter hoffen, unsere Stullen schmieren, arbeiten gehen und konsumieren, weil die Werbung ja gesagt hat, dass „Per…l“ die Wäsche weißer macht und wir damit vielleicht besagtem Regenbogem ein Stück näher kommen… Und ja, manchmal ist es am Ende eines weniger guten Tages einfach zum kotzen, laut scheiße schreien, Teller zerdeppern oder was einem dazu noch alles Zerstörerisches einfällt.
Und an diesem Abend dachte ich tatsächlich kurz an letzteres, bis mein Herz aufleuchtete, als ich mir zum zweiten Mal die Frage stellte, warum ich eigentlich hier bin. Es leuchtete auf und wurde einfach ganz warm, nichts weiter. Und ich musste lächeln. Dann kamen sie, die Fragen, die wirklich wichtigen Fragen, die wichtigsten überhaupt:
Warum rennen wir nicht mehr mit dem Wind? Warum fangen wir keine Schneeflocken mehr und bewundern ihre Schönheit? Warum tanzen wir nicht mehr im Regen? Warum fahren wir nicht einfach ans Meer, und wenn es nur für einen Tag ist? Warum lieben wir nicht mehr, als gäbe es kein Morgen? Warum breiten wir nicht einfach die Arme aus und lassen das Leben herein? Warum springen wir nicht mehr in die Pfützen, malen einfach selbst einen Regenbogen mit einem Schatz am Ende oder kaufen uns ganz viele Eiskugeln, weil die alle total lecker sind und futtern bis uns übel wird…? Warum pusten wir nicht unendlich viele Luftballons auf, stopfen die Wohnung damit voll und spielen verstecken?
Weil wir so vieles gelernt, beigebracht bekommen und von anderen abgeguckt haben, was uns nicht gut tut und nun alles Wahre verdeckt. Manchmal muss man vergessen, was man jemals gelernt hat, wieder alles leer machen, aufhören alles (besser) wissen zu wollen oder zu müssen…und ohne etwas zu wissen auf unsere kleine Welt schauen. Einfach da sitzen oder liegen und schauen, hinhören, spüren… Bis diese kleine Welt ganz groß wird, ganz weit. Bis das Herz aufgeht und erleichtert „Alter Schwede, ich dachte, sie rafft’s nie!“ ruft. So lange, bis dir alle möglichen Antworten auf die Frage warum du eigentlich hier bist wie ein faules Konzept erscheinen. Ich stellte mir so oft die Frage, schob alles im Kopf beiseite, was da kommen wollte vom braven“ Ich bin hier, um zu lernen. “ bis zum „Ich muss mindestens berühmt werden, damit sich das hier lohnt und ich die Welt retten kann.“, dachte bestimmt ein dutzend Mal über mich selbst „Du liebe Güte!“ bis die Antwort als klares helles Gefühl kam… und ich wusste einfach, das ist sie:
Wir sind einfach hier, um hier zu sein. Punkt.
Um hier zu sein, im Moment, nix weiter. Alles andere geschieht eh, wir müssen nichts tun, damit es geschieht… Ich mein, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mädchen, welches nach einem Salat benannt ist, eingesperrt in einem hohen Turm, ungebetenen Besuch von ausgerechnet einem Prinzen bekommt, der sie dann auch noch toll findet (mit ihrem Trauma, was sie vom ewig Eingesperrt-Sein haben muss!) und sie happy-end-mäßig ziemlich schnell heiratet?! Siehste!
Was machen wir uns eigentlich für Sorgen, welches Gerödel veranstalten wir in unserem Leben, wo wir doch einfach nur hier sein könnten; an dem Ort, wo wir gerade sind; mit der Person, die gerade da ist; der Luft, die wir atmen; in dem Körper, den wir haben… Einfach so. Besser kann ich es nicht beschreiben. Aber es ist der ganz persönliche Regenbogen, das Schatz-Gefühl, das Ankommen, was man sich so sehr wünscht. Wirklich!
Weil wir, wenn wir uns erlauben, das Gefäß zu sein, welches das Leben aufnimmt – statt blödsinnig zu versuchen, etwas zu kontrollieren, was nicht kontrolliert werden kann, auch nicht, wenn wir es unbedingt wollen und trotzig dabei in die Tischkante beißen – ganz entspannt sein können, weil das Leben einfach von selbst geschieht. Schwupps, wie ein leichter Sommerregen. (Und da ist er wieder, unser Regenbogen.) Wie Kirschen, die am Baum baumeln; wie Murmeln, die über die Murmelbahn rollern; wie ein Lachen, das man nicht mehr zurück halten kann; wie die Augen des Liebsten, wenn er sich freut, dich zu sehen; wie dein Kind, wenn es in deine Arme fliegt…
Wo bist du – hier.
Wie spät ist es – jetzt.
Wer bist du – der Moment.
In Liebe,
Josephine
PS: Die Sache mit den Eiskugeln interessiert mich doch sehr, macht jemand mit!?